Mittwoch, 25. April 2012

Ukraine - 10 Ding, die ich an dir liebe


1. Die Wertschätzung von Lebensmitteln: Hier in der Ukraine wird nicht alles gleich weggeschmissen, was nicht mehr aussieht wie auf den Kochbuchfotos. Selbst in den großen Supermärkten wird nicht mehr ganz so schönes Obst und Gemüse einfach billiger verkauft und man kann es immer noch gut zum Kochen verwenden.

2. Die Osteuropäische Seele: Deutschland wird oft als Land der Dichter und Denker bezeichnet. Das heißt, zwar etwas klischeehaft betrachtet, wir Deutschen als Volksgrüppchen, handeln oft sehr rational, betrachten alles erst einmal von einer kritischen Warte aus und sind oft nicht so impulsiv und von unseren Gefühlen geleitet. Und um ehrlich zu sein, fehlt mir auch genau diese „Deutsche Mentalität“ oft hier im Ausland.  Aber dafür sind wir Deutschen halt manchmal etwas verklemmt und unspontan. Hier im Osten habe ich im Gegensatz dazu schon einige Male Situationen erlebt, die ich wahrscheinlich in Deutschland so nie gesehen hätte. Zum Beispiel fangen Schüler bei uns in der Schule manchmal einfach so an zu singen oder irgendein Instrument zu spielen, ohne sich groß Gedanken zu machen, ob das Ganze jetzt „aufführungsreif“ ist. Oder letztens in einer Einkaufsmall wurde Live-Musik gespielt und auf einmal fingen gleich mehre Leute einfach so an so zu tanzen, ohne groß darüber nachzudenken, ob sie sich vielleicht blamieren könnten. Außerdem sind die Ukrainer sehr herzlich und gastfreundlich und geben bei der Bewirtung von Gästen ihr Bestes.

3. Der Klang des Russischen: Die russische Sprache ist eine Sprache der Seele, die sich manchmal so richtig schön „schmettern“ lassen. Selbst in Alltagssituationen lässt sich das Russische oft mit enorm viel Pathos sprechen. Bestes Beispiel: das in den Marschrutkas  (Minibusse - lokales Haupttransportmittel in der Ukraine) regelmäßig zum Fahrer geschmetterte „Na ‘stanOhhhvka“, was übersetzt „An der Haltestelle“ heißt und den Fahrer auffordert dort anzuhalten.

4. Pusata Chata: Man mag von Restaurantketten halten was man möchte, aber Pusata Chata (was soviel bedeutet wir „dickbäuchige Hütte“) ist einfach nur eine gute Erfindung. Im Grunde ist Pusata Chata die ukrainische Antwort auf Fast-Food-Restaurants. Auch hier bekommt man sein Essen sehr günstig und schnell, nur dass es sich bei dem Essen um typisch ukrainische Gerichte handelt. In der „dickbäuchigen Hütte“ ist das Essen nicht nur billiger und leckerer als bei McDonald’s, Burger King und Co., die es durchaus in großer Zahl hier gibt, sondern auch die Atmosphäre und die Ausstattung ist wesentlich gemütlicher und einladender. Für jeden Ukraine-Touristen ist Pusata Chata ein absolutes Muss.

5. Die osteuropäische Gemütlichkeit: Sobald man zu Hause ist, schlüpft man sofort in seine „Chiller-Klamotten“. Egal ob Besuch kommt, Gemütlichkeit hat Vorrang. Zu Hause darf man Schlabber-Hose und sein bequemes  Lieblings-Shirt tragen, und zwar vollkommen gesellschaftlich legitimiert.

6. Das Taxi fahren in der Ukraine: Wie vieles hier im Osten ist eine Fahrt mit dem Taxi wesentlich günstiger im Vergleich zu Deutschland. Was aber besonders angenehm ist, dass man einfach bei der Taxizentrale anrufen muss, dort angibt von wo aus man wohin möchte und es wird einem sofort der Preis gesagt oder per Rückruf mitgeteilt. So weiß man genau woran man ist.

7. Das Bezahlen in der Marschrutka: Monatsticket? Zehnerkarte? Ach, so was gibt es hier alles nicht im öffentlichen Nahverkehr. Damit es aber nicht ewig dauert, bis alle einsteigenden Passagiere für die Fahrt bezahlt haben, ist es ganz üblich in den Marschrutkas das Fahrgeld (25 Cent!!! in Kiev für eine Fahrt von beliebiger Länge) einfach durchzureichen. Auch wer als einzelne Person einsteigt, sucht sich in der Regel erst einmal einen Platz und lässt dann das Geld nach vorne zum Fahrer durchgeben. Ich muss sagen, am Anfang hat mich das ganze auch etwas verwundert, aber mittlerweile ist es zur alltäglichen Normalität geworden in den Mini-Bussen Geld und Rückgeld hin- und herwandern zu lassen. Und man mag so viele Witze über stehlende Osteuropäer machen, wie man möchte, aber bis jetzt habe ich immer mein Wechselgeld als vollen Betrag zurückgereicht bekommen.

8. Der osteuropäischer Wodka: Nicht umsonst kommt uns als einer der ersten Dinge „Wodka“ in den Sinn, wenn wir an Russland oder den Osten denken. Denn zweifelsfrei kommt der beste Wodka aus dem Osten. Was bei uns in Deutschland eher wie Nagellackentferner riecht und bei purem Genuss in der Kehle brennt, wird hier im Osten seinem Name als „Wässerchen“ viel eher gerecht. Außerdem muss man hier für einen halben Liter guten Wodka gerade mal umgerechnet drei Euro ausgeben. Das bedeutet natürlich nicht, dass man bei jeder Gelegenheit Wodka trinkt.

9. Das Eisfischen: Unter den Einwohnern von Dnipropetrovsk scheint es eine Vielzahl von begeisterten Anglern zu geben. Nicht selten sieht man auf Brücken und am Flussufer des Dnjeprs Angler stehen. An warmen Tagen ist das Flussufer sogar geradezu gesäumt mit Anglern. Im Winter wurde es aber so kalt, dass doch gleich der ganze Dnjepr zugefroren ist. Und der Dnjepr ist jetzt nicht irgendein unbedeutendes Regionalgewässer, sondern immerhin der dritt längste Fluss in Europa und bei uns hier in Dnipropetrovsk an den meisten Stellen wesentlich breiter als der Rhein. Trotzdem wollte man wohl nicht auf das Angelvergnügen verzichten, denn an gleich mehren Stellen wurden Löcher in die Dicke Eisdecke gesägt und die Angelschnur hinab ins kalte Wasser gelassen. Das Ganze war einfach so wunderbar klischeehaft, wenn man die Männer mit ihren typischen russischen Fellmützen um ein Eisloch sitzen sah.

10. Der osteuropäische Ehrgeiz: Sei es in der Schule, beim Sport oder auch beim Erlernen eines Musikinstruments – in der Ukraine gibt es viel mehr Schüler, die sehr ehrgeizig sind und schon von Kindesbein an fleißig üben und trainieren. In der Regel werden die Kinder zwar von ihren Eltern dazu gepusht und das Training und der Unterricht haben oft noch was von dem sowjetischen Drill, aber in der Regel wird es auch von den Kindern selber gewollt. Alle sind sehr stolz darauf und strengen sich sehr an. Denn sie wissen auch, wenn man hier nichts wird, dann hat man im Grunde genommen nichts. So etwas wie Sozialhilfe gibt es nicht. Auch wenn ich ein Verfechter unseres Sozialstaatssystems in Deutschland bin, fehlt uns vielleicht manchmal der Sinn dafür unser Bestes zu geben.